Auswirkungen der Pandemie auf den Kanzlei- und Personalmarkt

Corona verändert im Steuerberatungsalltag vieles –

doch das scheint vor allem für kurzfristige Fragen zu gelten. Langfristige Aspekte scheinen dagegen pandemisch gesehen anderen Gesetzmäßigkeiten zu gehorchen, siehe Börse. So lassen sich zumindest im Moment noch keine Auswirkungen auf die Kanzleiwerte feststellen.

Videoberatung, Homeoffice, Digitalisierungsschub – in den vergangenen Monaten verging kaum eine Woche, in der Steuerberater nicht mit einer Veränderung konfrontiert gewesen waren und diese mit hoher Innovationskraft und Improvisationstalent bewältigt haben. Vieles hat sich in den alltäglichen Abläufen verändert, das Papier wich mehr und mehr der digitalen Akte, und Mandantenkontakte sind heute zwar vielfach virtueller, aber dafür spontaner und oftmals auch direkter.

Es drängt sich die Frage auf, wie die Pandemie langfristig die Kanzleiwerte beeinflusst. Denn zumindest derzeit nimmt Corona noch keinen direkten Einfluss auf den Bewertungsfaktor einer Kanzlei – auf die Bemessungsgrundlage hingegen schon. Was wir feststellen mussten: Die Anzahl der durch uns verkauften Kanzleien hat sich durch pandemiebedingte Verschiebungen verringert. Einige kurz- bis mittelfristig geplante Übertragungen wurden um zwölf Monate zurückgestellt. Wir konnten aber dennoch nahezu das Vorjahresniveau erreichen.

 

Digitalisierungsgrad wird wichtiger 

Auch die Werte sind wenig beeinflusst: Nach wie vor liegt der durchschnittliche Faktor bei +/–1,0. Die Kaufpreise bewegen sich damit auf stabilem Niveau. Allerdings bedeutet allein dieses Faktum in der Folge nicht, dass die Pandemie keinerlei Einfluss auf den Kauf oder Verkauf von Kanzleien hätte. Denn während zwar der reine Faktor sich nicht verändert, rücken einige Parameter viel stärker in den Fokus der Beurteilung, allen voran die Digitalisierung. 

Kaufinteressenten achten derzeit immens darauf, wie der Digitalisierungsgrad einer Kanzlei ist. Denn die Krise verdeutlicht den Stellenwert, den eine technologisch fortschrittliche Infrastruktur für das Funktionieren einer Kanzlei hat, in ganz besonderer Weise. Dies ist in den vergangenen Monaten allen bewusst geworden: Kanzleien, die bereits viele Prozesse digitalisiert hatten, konnten ihre Mitarbeiter quasi nahtlos ins Homeoffice schicken; die laufende Bearbeitung konnte reibungslos weiterlaufen, ohne dass allzu viel umorganisiert werden musste. Das haben auch die Mandanten gemerkt, und Kanzleien mit einem hohen Digitalisierungsgrad konnten sich als besonders krisensichere und verlässliche Partner profilieren.

Entsprechend gefragt sind sie heute als Kaufobjekte auf dem Markt. Das bedeutet umgekehrt aber nicht, dass Kanzleien, die noch nicht hundertprozentig digital aufgestellt sind, am Markt nicht interessant wären. Das liegt einfach daran, dass die wenigsten Kanzleien heute bereits so weit sind. Im Regelfall hängt es stark davon ab, wie die tatsächliche Struktur der Kanzlei ist und ob es einen Interessenten gibt, der diese Struktur übernehmen kann. Im Zweifel werden die Kosten für eine digitale Umstrukturierung beim Kaufpreis berücksichtigt.

 

Drohende Insolvenzwelle verschärft Zahlungsmodalitäten 

Daneben kommen offenbar immer mehr Berater zu der Überzeugung, dass größere Einheiten im Vorteil sind, wenn es darum geht, außergewöhnlichen Situationen Rechnung zu tragen. So liegt die Anzahl der Kanzleien in Deutschland laut Statistik der BStBK derzeit bei etwa 54.000. In der jüngeren Vergangenheit kommt es aber vermehrt zu Zusammenschlüssen, was letztlich Auswirkungen auf den Kanzleimarkt haben wird.

Schon jetzt rückt der klassische Verkauf aus Altersgründen langsam immer mehr in den Hintergrund. Eine Vielzahl von Projekten dreht sich inzwischen um eine strategische Neuausrichtung von Kanzleien, deren Inhaber deutlich jünger als 60 sind. Dieser Trend wird sich in Zukunft sicher verstärken.

 

Ebenfalls ein Aspekt, der bei Verkäufen derzeit eine Rolle spielt, ist die drohende Insolvenzwelle unter den Mandanten. Diese Frage ist zwar nicht zwangsläufig ein Manko für den Bewertungsfaktor der Kanzlei, führt jedoch dazu, dass die Zahlungsbedingungen für Verkäufer deutlich restriktiver werden. Klar ist: Am Ende des Tages wird sich eine eingetretene Insolvenz auf den absoluten Wert der Kanzlei auswirken, da sich die Bemessungsgrundlage für den Kaufpreisfaktor verringert hat.

 

 

Akquise für das Homeoffice 

Die Auswirkungen der Pandemie sind im Übrigen nicht nur beim Verkauf, sondern insbesondere bei der Personalgewinnung ein Thema. Denn durch die beschleunigte Digitalisierung verschieben sich die Aufgabenfelder und Anforderungsbereiche deutlich rascher. 

Das führt dazu, dass sich der bereits jetzt bestehende Fachkräftemangel insbesondere von Kanzleisoftware-affinen IT-Mitarbeitern weiter ausprägen wird. Die Bundessteuerberaterkammer ist zwar derzeit dabei, eine Weiterbildung zum Fachassistenten für Digitalisierung und IT auf den Weg zu bringen, doch erste Prüfungen sind erst für das Frühjahr 2022 geplant. Bis dahin müssen sich Kanzleien also mehr oder weniger selbst behelfen und zusehen, wie sie – am besten mit Hilfe von Profis – das gefragte Personal auf dem engen Markt für sich gewinnen können. Es gilt auch zu bedenken, dass Mitarbeiter aus bereits digitalen Kanzleien nicht mehr in klassische Arbeitsumgebungen zurückkehren wollen. Heißt: Je stärker die Digitalisierung des Kanzleimarktes voranschreitet, desto höher wird der Druck auf personalsuchende, nicht digitalisierte Kanzleien!

Ein weiterer ausschlaggebender Punkt beim Personal ist die verschwindende Bedeutung der Entfernung zwischen Wohnort und Arbeitsplatz. Homeoffice und digitales Arbeiten werden auch in Zukunft fester Bestandteil des Arbeitsalltages in Kanzleien sein. Wer die Strukturen jetzt noch nicht hat, sollte schnellstens nachbessern. „Jost – Ihr Personalvermittler“ vermittelt bereits heute reine Homeoffice-Positionen in Kanzleien. Das beschleunigt den Markt enorm. Der Arbeitgeber, der auch hier um die Fachkräfte der nahen Zukunft mitspielen will, sollte sich daher unmittelbar Unterstützung beim Recruiting holen.

 

Wir stehen dem Berufsstand als Partner zur Seite!

Sprechen Sie mit uns!

– Stefan Heinicke

https://jost-ag.com